Erste Tischsitten, oder "Wann hörte der Totschag bei Tisch auf?" (1)
Zur Zeit Karls des Großen (768 - 814) waren die Tischsitten an den Höfen alles andere als fein. Teller, Gabel und Löffel waren unbekannt. Als Esswerkzeug diente lediglich das eigene Messer, dass man vorsichtshalber sowieso immer dabei hatte. Im Tisch gab es Vertiefungen, in denen die Speisen lagen. Alles in allem also kein sehr erbauliches Ambiente.

Bei Hofe wurde unmäßig gegessen und noch mehr getrunken. Oft kam es unter den Tischgenossen dabei zum Streit und der Totschlag bei Tisch war nicht selten. Karl der Große sah sich gezwungen für diesen Fall, alle am Tisch versammelten Edelherren dafür verantwortlich zu machen, sofern deren Zahl unter sieben lag. Das legt die Vermutung nahe, dass -hätte man immer alle verantwortlich gemacht- echte Gefahr dafür bestanden hätte, sich bald nicht mehr gegen Gefahren von außen wehren zu können.
Mit den Frauen kamen die Tischsitten
So in etwa ab dem 11. Jahrhundert wurden in Ritterskreisen auch die Frauen zu Tisch gebeten. Wie immer wenn Frauen in eine vormals von Männern dominierte Welt Einzug finden, hat das zur Folge, dass die Sitten und Umgangsformen etwas weniger ungehobelt werden. Antrieb für die damaligen Frauen könnte gewesen sein, dass es üblich war, mit dem Nebenmann sowohl die Schüssel als auch den Trinkbecher zu teilen. Aus heutiger Sicht kann man zwar noch immer nicht von guten Sitten sprechen, die Fortschritte waren aber enorm". Ein paar Beispiele:
  • Man griff nicht mehr mit der ganzen Hand in die Schüsseln, sondern nur noch mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger.
  • Man erschien gewaschen am Tisch
  • Man schneutzte sich nicht mehr am Tischtuch
  • Fettige Finger wischte man nicht mehr an der Kleidung ab
  • Heruntergefallene Speisen wurden nicht wieder zurück in die Schüssel gelegt
  • Man wusch sich vor Tisch und nach "Aufheben der Tafel" die Hände
Manche der Regeln hatten dabei weniger die Hygiene im Auge, sondern waren vielmehr ein Produkt des Glaubens. So durfte man im 12. Jahrhundert Eierschalen auf gar keinen Fall heile lassen, da sonst Gefahr bestand, dass sich böse Geister in ihnen verkrochen.
Kreuzritter der Tischsitten: Die Mönche
Nicht wenige Autoren veröffentlichten damals sogar ganze Bücher zum Thema Tischsitten. Es fällt auf, das gerade Mönche auf gute Tischmanieren achteten und diese weiterentwickelten. Was im ersten Augenblick vielleicht verwundert, macht beim zweiten Hinsehen Sinn. Kaum eine Gruppe Menschen lebt Tag und Nacht auf so engem Raum zusammen. Um den anderen nicht zu verletzen oder ihm Eckel zu bereiten, bedarf es im Kloster größerer Anstrengungen als außerhalb. Gerade bei Tisch können aber die schlechten Tischmanieren des Nebenmannes auf Dauer zu Spannungen führen.

Weitere Artikel zum Thema:

Die Gabel hatte es schwer! (2)